Mit der Vereidigung der neuen Bundesregierung nimmt die Diskussion um die Reform der Notfallversorgung erneut Fahrt auf. Neben der Bundesärztekammer übt auch die Vertragsärzteschaft Kritik an dem Koalitionsvertrag, auch mit Blick auf die Reform der Notfallversorgung.
Die Delegierten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) kritisierten auf ihrer Vertreterversammlung die von den Koalitionspartnern geforderte gemeinsame Sicherstellung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes durch Landeskrankenhausgesellschaften und Kassenärztliche Vereinigungen. Ebenfalls lehnen sie die Einrichtung integrierter Notfallzentren in gemeinsamer Finanzverantwortung ab. Stattdessen will die KBV an geeigneten Standorten Bereitschaftspraxen einrichten.
Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, sagte, dass man dem Aktionismus der Politik vorgreifen und als Selbstverwaltung eine griffige und klare Lösung präsentieren müsse. Dies sei die bundeseinheitliche Rufnummer 116 117 in Kombination mit einer Bereitschafts- und Notfall-App, der Website www.116117info.de und der BundesArztsuche-App der KBV.
"Die Herausforderungen sind ebenso groß wie die Erwartungen an die Reform der Notfallversorgung", sagt Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg. "Alle Beteiligten - der fahrende kassenärztliche Bereitschaftsdienst, die Notfallpraxen, der Rettungsdienst und auch die Notaufnahmen der Kliniken - leiden an ganz eklatanten Problemen. Der Bereitschaftsdienst und die Notfallpraxen werden als unattraktiv empfunden oder sind nicht bekannt. Im Rettungsdienst und in den Notaufnahmen steigen die Patientenzahlen seit Jahren rasant. Dieser Umstand zehrt an den Ressourcen und führt nicht selten zu Unmut."
Die TK fordert daher ein System der koordinierten Notfallversorgung, in dem die ambulanten und stationären Träger sowie Rettungsdienste kooperieren. "Dazu müssen wir das 'Silodenken' abschaffen", fordert Puttfarcken. "Patienten sollten direkt in die Behandlungsform gelotst werden, die sie auch wirklich brauchen." Im Zentrum der TK-Forderung stehen die Einrichtung sogenannter Portalpraxen sowie die Schaffung von gemeinsamen Leitstellen für die Rufnummern des Notrufs 112 und des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117.
Schleswig-Holstein hat eine Bundesratsinitiative angestoßen, um die Notfallversorgung zu verbessern. Dazu soll das Sozialgesetzbuch V geändert werden, um in begründeten Ausnahmefällen eine Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser auch während der Sprechstundenzeiten zu ermöglichen. Am 23. März 2018 beschäftigt sich der Bundesrat mit den Plänen, die einen Ausbau der Portalpraxen vorsehen.
(Quelle: Bundesärztekammer; Bundesrat; KBV; kma-online; TK)
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