Bericht aus Brüssel - Aktuelle Meldungen aus der Europapolitik
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Ausgabe Nr. 22 / 2019 
Bericht aus Brüssel
Finnische Ratspräsidentschaft will Klimaschutz priorisieren – DIHK-Vorstand legt Leitlinien zur CO2-Bepreisung vor
 
 
 
Von Julian Schorpp
 
Energieexperte im DIHK Brüssel
Liebe Leserinnen und Leser,
 
Auch wenn viele Personalfragen weiterhin ungeklärt sind, hat die finnische Ratspräsidentschaft pünktlich zum 1. Juli ihre Arbeit aufgenommen. Als Leitmotiv hat die finnische Regierung die internationale Vorreiterrolle der EU beim Klimaschutz auserkoren. Bis Ende des Jahres soll sich der Europäische Rat auf die Eckpunkte einer langfristigen Klimastrategie einigen. Letztere muss im Laufe des nächsten Jahres bei den Vereinten Nationen eingereicht werden.
 
Die Diskussionen fokussieren sich bisher auf die Frage, bis wann die Klimaneutralität in der EU erreicht werden soll. Das Pariser Abkommen sieht vor, dass alle Vertragsparteien dieses Ziel gemeinsam in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts erreichen. Klimaneutralität bedeutet, dass die Emissionen von Treibhausgasen zunächst so weit wie möglich gesenkt werden. Die wenigen verbleibenden Emissionen, vor allem aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie, sollen durch die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre kompensiert werden.
 
Der DIHK plädiert dafür, statt neuer Ziele konkrete Maßnahmen und notwendige Rahmenbedingungen in den Fokus zu nehmen. Denn schon die bestehenden, von der EU verbindlich als Beitrag zum Pariser Klimaabkommen angenommenen Reduktionsziele sind eine große Herausforderung für große Teile der Wirtschaft. Auch Deutschland würde seine nationalen Ziele, konkretisiert im Klimaschutzplan 2050, mit bestehenden Maßnahmen absehbar nicht erreichen. Aus dieser „Lücke“ speist sich in Deutschland eine Diskussion über die Notwendigkeit zusätzlicher klimapolitischer Instrumente. Deren Ausgestaltung wird Einfluss auf die wirtschaftlichen Standortbedingungen Deutschlands haben. Deshalb hat derDIHK-Leitlinien für eine tragfähige CO2-Bepreisung entwickelt.
 
Keine Mehrbelastung für deutsche Wirtschaft
 
Darin bekräftigt der DIHK, dass eine CO2-Bepreisung generell eine sinnvolle Ergänzung des Instrumentenmixes darstellen kann. Da der CO2-Ausstoß von Unternehmen aus Industrie und Energiewirtschaft über den europäischen Emissionshandel bereits bepreist und planbar gesenkt wird, sollte sich die Diskussion jedoch auf die übrigen Bereiche konzentrieren. Wichtig ist auch, dass die gewählten Lösungen europäisch anschlussfähig sind, um Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen zu vermeiden. Der von der Bundesregierung angekündigte Dialog mit einigen Nachbarländern ist daher ein positives Signal.
 
Unter dem Strich darf es für die deutsche Wirtschaft nicht zu einer Mehrbelastung kommen. Für energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, müssen zusätzliche Kosten rechtssicher kompensiert werden. Grundsätzlich bietet jede Reform schließlich die Chance, das gesamte System der Abgaben und Umlagen zu vereinfachen, um Kosten und Bürokratie für die Betriebe zu reduzieren und die Wirtschaft vor allem bei staatlich induzierten Energiepreisbestandteilen zu entlasten. Denn Deutschlands Unternehmen schultern schon heute die Last der in vielen Fällen höchsten Strompreise in Europa.
 
 
Inhalt
Langfristige Klimaschutzstrategie der EU: Keine Einigung der Regierungen auf Zielverschärfung
Internationale Klimakonferenz in Bonn: Kaum Fortschritte bei Verhandlungen über Marktmechanismen
EuGH konkretisiert Bestimmung der Luftqualität
Sustainable Finance: EU-Expertengruppe legt Bewertungskriterien für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten vor
Erfolge für die EU-Handelspolitik: Abkommen mit Mercosur und Vietnam
EU-Verordnung gegen Cyberangriffe in Kraft getreten
Schritte zur neuen EU-Kohäsionspolitik
Auswirkungen des Brexit auf das Gesellschaftsrecht
Umsatzbasierte Ertragsteuern auf Telekommunikationsunternehmen in Ungarn
Delegierte Verordnungen zur EU-Prospektverordnung gelten ab dem 21.  Juli 2019
Anforderungen für eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz
EU-Barrierefreiheitsrichtlinie für Produkte und Dienstleistungen veröffentlicht
WTO-Klage der EU gegen USA
EU-Klage gegen Ukraine wegen Holzexportverbot
Die Woche in Brüssel
Zahl der Woche
Energie und Umwelt
Langfristige Klimaschutzstrategie der EU: Keine Einigung der Regierungen auf Zielverschärfung
 
DIHK fordert konkrete Maßnahmen statt neuer Ziele 
 
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich beim Gipfeltreffen am 20. Juni nicht auf die Treibhausgasneutralität als neues EU-Klimaschutzziel für das Jahr 2050 festgelegt. Die finnische Ratspräsidentschaft wurde beauftragt, bis Ende des Jahres eine gemeinsame Position zu finden. Die deutsche Bundesregierung hatte kurz vor dem Treffen angekündigt, das von der Europäischen Kommission im November 2018 vorgeschlagene, höhere Klimaschutzziel zu unterstützen. Insgesamt sprachen sich beim Europäischen Rat letztlich 24 Mitgliedstaaten dafür aus, für die gesamte EU das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 zu definieren. Bisher peilt die EU an, ihre Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts um 80 bis 95 Prozent zu senken.
 
 
  
Internationale Klimakonferenz in Bonn: Kaum Fortschritte bei Verhandlungen über Marktmechanismen
Einigung bis Ende des Jahres ungewiss 
 
Die Umsetzung von Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens zur Nutzung internationaler Marktmechanismen stockt weiterhin. Bei den Verhandlungen der Vereinten Nationen vom 17. bis zum 27. Juni in Bonn konnten die Vertragsparteien kaum Fortschritte hin zu einer Einigung verbuchen. Marktmechanismen erlauben es Staaten, ihre internationalen Klimaziele teilweise dadurch zu erreichen, dass sie im Ausland Klimaschutzprojekte realisieren.
 
 
  
EuGH konkretisiert Bestimmung der Luftqualität
 
DIHK: Messstationen richtig positionieren 
 
Mit Urteil vom 26. Juni 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Kriterien zur Feststellung von Stickstoffdioxidwerten (NO2) in der Luft verdeutlicht. Demnach können auch bestimmte Einzelpersonen die Aufstellung der Messstation am richtigen Ort gerichtlich überprüfen lassen und bei Nichteinhaltung entsprechende Maßnahmen gegenüber der zuständigen Behörde erwirken.
 
 
  
Sustainable Finance: EU-Expertengruppe legt Bewertungskriterien für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten vor
 
Einigung auf Taxonomie-Verordnung steht noch aus 
 
Die von der Europäischen Kommission einberufene technische Expertengruppe (TEG) zum nachhaltigen Finanzwesen hat am 18. Juni mehrere Berichte mit Empfehlungen vorgelegt. Neben den Berichten zu grünen Anleihen (Greenbonds) und Vergleichsindizes (benchmarks) wurde auch der Bericht zur sogenannten „Taxonomie“ veröffentlicht.
 
 
  
Handel
Erfolge für die EU-Handelspolitik: Abkommen mit Mercosur und Vietnam
Neue Chancen für deutsche Wirtschaft 
 
Der EU sind jüngst zwei wichtige Erfolge in der Handelspolitik gelungen, von denen gerade international aktive deutsche Unternehmen bald profitieren können. Die Freihandels- und Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und dem Vietnam wurden am 30. Juni in Hanoi unterzeichnet, nachdem die EU-Mitgliedsstaaten dem Abkommen am 25. Juni ihre Zustimmung gaben. Die EU hat zudem am 28.06.2019 die 20-jährigen Verhandlungen mit Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) abgeschlossen.
 
 
  
Digitalisierung
EU-Verordnung gegen Cyberangriffe in Kraft getreten
Bedrohung der EU oder ihrer Mitgliedstaaten 
 
Am 17. Mai 2019 ist die EU-Verordnung 2019/796 des Rates über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen, in Kraft getreten. Die darin enthaltenen Rahmenregelungen ermöglichen es, Finanzsanktionen gegen Personen, Einrichtungen oder Organisationen zu verhängen.
 
 
  
Regionalpolitik
Schritte zur neuen EU-Kohäsionspolitik
 
Sitzung des Rats für Allgemeine Angelegenheiten 
 
Mit Ende der rumänischen Ratspräsidentschaft zog der Rat für Allgemeine Angelegenheiten am 25. Juni Bilanz zum aktuellen Stand der Verhandlungen zur Kohäsionspolitik 2021-2027. Der Rat hat sich auf eine Position für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament verständigt – und zwar bezüglich der Verordnungen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), des Europäische Sozialfonds Plus (ESF+), des Kohäsionsfonds und Interreg, einer Gemeinschaftsinitiative des EFRE zur Förderung der Zusammenarbeit in Grenzregionen.
 
 
  
Brexit
Auswirkungen des Brexit auf das Gesellschaftsrecht
 
Keine EU-Vorzüge mehr für britische Unternehmen 
 
Die auf Konfrontation gerichtete Brexit-Politik des potenziellen neuen britischen Premierministers Boris Johnson hat das Risiko für einen ungeordneten Brexit Ende Oktober erhöht. Neben diversen wirtschaftlichen Konsequenzen für die Unternehmen, würden sich daraus auch Änderungen im Gesellschaftsrecht ergeben.
 
 
  
Steuern
Umsatzbasierte Ertragsteuern auf Telekommunikationsunternehmen in Ungarn
 
Generalanwältin Kokott hält sie für vereinbar mit Unionsrecht 
 
In den Jahren 2010 bis 2012 hatte die ungarische Regierung eine umsatzbasierte Ertragsteuer von 4,5 bzw. 6,5 Prozent erhoben, die von Telekomunternehmen – je nach Erreichen bestimmter Umsatzschwellen – zu entrichten war. Die vom Höchststeuersatz betroffene ungarische Vodafone-Tochter des niederländischen Vodafone-Mutterunternehmens hatte sich dagegen gewandt.
 
 
  
Recht
Delegierte Verordnungen zur EU-Prospektverordnung gelten ab dem 21. Juli 2019
Ergänzungen des Europäischen Wertpapierprospektrechts 
 
Die im Amtsblatt veröffentlichten zwei delegierten Verordnungen der EU-Kommission ergänzen die Regelungen der sogenannten Prospektverordnung (EU) 2017/1129 und gelten unmittelbar ab dem 21. Juli 2019. Die delegierte Verordnung (EU) 2019/980 enthält Vorgaben hinsichtlich der Aufmachung, des Inhalts, der Prüfung und der Billigung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist.
 
 
  
Kurz notiert
Anforderungen für eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz
Am 26. Juni hat die hochrangige Expertengruppe für Künstliche Intelligenz weitere 33 Anforderungen für eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz (KI) veröffentlicht. Diese geben der EU und den Mitgliedsstaaten Orientierung, wie KI transparent, unter Achtung der Privatsphäre sowie unter Vorbeugung von Diskriminierung entwickelt und genutzt werden kann. Die 52 von der EU unabhängig einberufenen Experten aus Wissenschaft, Industrie und Zivilgesellschaft hatten bereits im April Ethik-Leitlinien für Künstliche Intelligenz vorgestellt.
 
 
 
EU-Barrierefreiheitsrichtlinie für Produkte und Dienstleistungen veröffentlicht
Am 7. Juni 2019 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union dieEU-Richtlinie 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen veröffentlicht. Unternehmen müssen künftig darauf achten, dass bestimmte Dienstleistungen und Produkte von Menschen mit Behinderungen oder funktionellen Einschränkungen benutzt werden können. Betroffen sind unter anderem Computer, E Books und E-Book-Reader, Telefone und Fernsehgeräte sowie Zahlungsterminals, Bankdienstleistungen und der Online-Handel. Die Richtlinie muss bis zum 28. Juni 2022 in nationales Recht umgesetzt werden.
 
 
WTO-Klage der EU gegen USA
Am 24. Juni wurde in der WTO der Weg freigemacht für ein Streitschlichtungspanel der EU gegen die USA. Der Streitfall betrifft Antidumping- und Ausgleichzölle der Vereinigten Staaten auf die Einfuhren von reifen Oliven aus Spanien.
 
EU-Klage gegen Ukraine wegen Holzexportverbot
Die EU hat am 20. Juni einen Antrag auf die Einsetzung eines Schiedsgerichts im Rahmen des Assoziierungsabkommens EU-Ukraine über das Exportverbot der Ukraine für unverarbeitetes Holz gestellt. Das Abkommen verbietet jegliche Form von Ausfuhrbeschränkungen. Der Klage gingen seit 2015 erfolglose Gespräche, sowie offizielle Konsultationen Anfang 2019 zur Beilegung des Konflikts voraus.
 
 
 
Zu guter Letzt
Die Woche in Brüssel
Die wichtigsten Sitzungen in den Europäischen Institutionen der kommenden Woche finden Sie in unserer EU-Agenda.
 
Zahl der Woche
Minus 0,4 Prozent 
 
Die britische Wirtschaft schwächelt – die Wirtschaftsleistung ging nach Angaben des britischen Statistikamts im März um 0,1 Prozent und im April sogar um 0,4 Prozent zurück. Ausschlaggebend dafür sei vor allem der deutliche Rückgang der Automobilproduktion um 24 Prozent gewesen. Mehrere Unternehmen, darunter auch BMW, hatten ihre Werke vorsorglich über das eigentliche Brexit-Datum am 29. März vorübergehend geschlossen.
 
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