Ausgabe Nr. 02 | 2022 
Bericht aus Brüssel
Liebe Leserinnen und Leser,
 
anbei erhalten Sie die aktuelle Ausgabe des Newsletters "InfoRecht". Enthalten sind aktuelle Nachrichten aus dem Wirtschaftsrecht.
 
Viel Spaß beim Lesen,
 
Konstantin Kutscher
Inhalt
Privates Wirtschaftsrecht
Virtuelle Hauptversammlung im Aktienrecht
Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
Referentenentwurf u. a. zu grenzüberschreitenden Beweisaufnahmen in Zivil- oder Handelssachen
Entwurf zur Änderung des Deutschen Corporate Governance Kodex
Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung
Öffentliches Wirtschaftsrecht
Konsultation zur „Orientierungshilfe Telemedien für Anbieter:innen von Telemedien“
Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht
Recht auf Reparatur: Konsultation der EU-Kommission
EU-Konsultation zu EU-Instrumentarium zur Bekämpfung von Produktfälschungen
Vorläufige Anwendung des EU-Einheitspatents beginnt
Personalien
Neubesetzung der Spitzen an BAG und BFH
Rechtsprechung in der Coronakrise
BGH lehnt Anspruch eines Gastronomen aus Betriebsschließungsversicherung ab
Zum Schluss
Schwäbischer Whiskey aus dem verbotenen Tal
Zusätzliche Newsletter
Privates Wirtschaftsrecht
Virtuelle Hauptversammlung im Aktienrecht
Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat einen Referentenentwurf zur Änderung des Aktiengesetzes veröffentlicht. Der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften soll die im Zuge der Corona-Pandemie übergangsweise bis zum 31.08.2022 eingeführte Möglichkeit zur digitalen Teilnahme von Aktionären an der Hauptversammlung (GesRuaCOVBekG) grundsätzlich auch für die Zukunft eröffnen.
 
Die Gesellschaft kann entweder durch Satzungsbestimmung selbst, die die gesetzlichen Mindestvorgaben für virtuelle Hauptversammlungen erfüllt, oder durch satzungsmäßige Ermächtigung des Vorstands die Möglichkeit zur virtuellen Durchführung der Hauptversammlung einführen (§ 118a Abs. 1 und 2 AktG-E). Die entsprechende Satzungsbestimmung ist dabei auf maximal fünf Jahre zu begrenzen (§ 118a Abs. 3 bis Abs. 5 AktG-E). Rede- und Antragsrechte der Aktionäre orientieren sich an der Präsenzversammlung. Der Vorstand hat die Möglichkeit vorzusehen, dass Aktionäre ihre Fragen bereits im Vorfeld der Hauptversammlung einreichen (vgl. u. a. § 131 Abs. 1a, b AktG-E) und dass Redebeiträge zeitlich begrenzt werden (§ 130a Abs. 4-6 AktG-E). Aktionäre haben ein Nachfragerecht in der digitalen Sitzung (§ 131 Abs. 1d AktG-E). Technische Störungen sollen nach dem bisherigen Entwurf keinen Grund für die Anfechtung von Beschlüssen darstellen können, soweit sie nicht auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Gesellschaft zurückzuführen sind (vgl. § 243 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AktG-E).
 
Eine Übergangsregelung sieht vor, dass der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats für Hauptversammlungen, die bis einschließlich 31.08.2023 einberufen werden, entscheiden kann, dass diese als virtuelle Hauptversammlung nach § 118a AktG-E abgehalten werden (vgl. Art. 3 zum EGAktG-E).
 
Weitere Einzelheiten vgl. bitte Referentenentwurf.
 
Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
Das Bundesministerium der Justiz hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Haager Übereinkommens vom 02.07.2019 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und einiger Nebengesetze vorgelegt.
 
Hintergrund: Die Haager Konferenz hatte am 02.07.2019 das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- oder Handelssachen (folgend: HAVÜ) verabschiedet. Das HAVÜ regelt die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- oder Handelssachen aus anderen Vertragsstaaten. Insbesondere das Erb- und Familienrecht, das Insolvenzrecht und die Schiedsgerichtsbarkeit sind vom Anwendungsbereich ausgenommen.
 
Die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung aus einem anderen Vertragsstaat hängt nach dem Übereinkommen entscheidend davon ab, dass das Gericht im Urteilsstaat unter im Einzelnen im Übereinkommen ausformulierten Bedingungen zuständig war (Artikel 5 HAVÜ). War das ausländische Gericht hiernach unzuständig, wird sein Urteil nicht nach dem Übereinkommen anerkannt oder vollstreckt. Unter anderem bei Verletzung des rechtlichen Gehörs oder des ordre public (fundamental wichtige Rechtsgrundsätze im Anerkennungsstaat) kann die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden (Artikel 7 HAVÜ). Über die Anwendung des Übereinkommens hinaus sind die ausländischen Entscheidungen regelmäßig nicht nachzuprüfen.
 
Der Rat „Justiz und Inneres“ hat am 09.12.2021 den Beitritt der Europäischen Union zum Übereinkommen gebilligt; nun muss noch das Europäische Parlament zustimmen.
 
Die Regelungen sollten mit Inkrafttreten des HAVÜ für die EU in Kraft treten können und daher möglichst ab Beginn des Jahres 2023 bereitstehen. Der Entwurf schlägt vor, in erster Linie das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG) zu ändern, soweit dies zur Durchführung des Übereinkommens erforderlich ist. Daneben werden die Vorschriften §§ 722, 723 ZPO zur Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile punktuell überarbeitet, um das Verfahren zur Erlangung eines Vollstreckungsurteils zu beschleunigen und damit die Erfolgsaussichten der Vollstreckung ausländischer Urteile insgesamt zu steigern.
 
Stellungnahmen können bis zum 22.02.2022 beim BMJ eingereicht werden.
 
Den Referentenentwurf finden Sie hier, das o. g. Haager Übereinkommen hier.
 
Referentenentwurf u. a. zu grenzüberschreitenden Beweisaufnahmen in Zivil- oder Handelssachen
Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat seinen Referentenentwurf zur Durchführung der EU-Verordnungen über grenzüberschreitende Zustellungen und grenzüberschreitende Beweisaufnahmen in Zivil- oder Handelssachen, zur Änderung der Zivilrechtshilfe, des Vormundschafts- und Betreuungsrechts sowie sonstiger Vorschriften vorgelegt.
 
Der Entwurf enthält im Bereich der Zivilrechtshilfe verschiedene technische Regelungen. So soll er beispielsweise deutsche Auslandsvertretungen weitgehend von der Durchführung von Zustellungen und Beweisaufnahmen entlasten und bestimmte Zuständigkeitslücken bei der Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke in Drittstaaten schließen.
 
Der Entwurf enthält zudem im Verhältnis zu Common-Law-Staaten (insb. GBR und USA) eine besondere Regelung zu Beweisaufnahmeersuchen: Künftig sollen auch solche Ersuchen erledigt werden können, die sich auf eine “pretrial discovery of documents“ (Dokumentenherausgabe) richten, soweit die Ersuchen nicht auf eine unzulässige Ausforschung zielen.
 
Bislang hat Deutschland in § 14 des Ausführungsgesetzes zum Haager Beweisaufnahmeübereinkommen erklärt, dass entsprechende Rechtshilfeersuchen von deutschen Gerichten nicht erledigt werden. Hierbei stützt sich Deutschland auf Artikel 23 des Haager Beweisaufnahmeübereinkommens (HBÜ), wonach jeder Vertragsstaat erklären kann, „dass er Rechtshilfeersuchen nicht erledigt, die ein Verfahren zum Gegenstand haben, das in Common-Law-Staaten unter der Bezeichnung „pretrial discovery of documents“ bekannt ist".
 
Vor diesem Hintergrund erachten jedoch US-Gerichte das Haager Übereinkommen als nicht effektiv und erlauben die unmittelbare Anwendung der Discovery-Regeln. Zur Vermeidung von prozessualen Nachteilen müssen deutsche Unternehmen deshalb regelmäßig Dokumente auf der Basis US-amerikanischer Prozessordnungen vorlegen. Um Anreize für US-Gerichte zu schaffen, künftig stärker den Weg über das HBÜ zu gehen, wurde deshalb bereits 2017 ein Gesetzentwurf mit gleichlautendem Wortlaut zur Einschränkung des bisherigen Vorbehalts in § 14 HZÜ vorgelegt (s. Bundestagsdrucksache 18/11637 S. 4 f.). Damals lehnte der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages diesen Vorschlag jedoch vorläufig ab.
 
Damals wie heute stellt sich die Frage, ob die Einschränkung des Vorbehalts die erhofften Effekte haben wird, ob also US-Gerichte künftig das HBÜ zur Anwendung bringen würden. Hierbei wird zu berücksichtigen sein, dass die Dokumentenvorlage nach dem Entwurf weiterhin stark eingeschränkt bleibt und z. B. zu weit gefasste Rechtshilfeersuchen nach Art. 23 HBÜ auch künftig nicht erledigt würden. Sollten US-Gerichte das HBÜ deshalb weiterhin nicht zur Anwendung bringen, wäre deshalb entscheidend, ob sich aus der Einschränkung des bisherigen Vorbehalts in § 14 HZÜ Nachteile für die gewerbliche Wirtschaft ergeben können.
 
Den Referentenentwurf finden Sie hier.
 
Entwurf zur Änderung des Deutschen Corporate Governance Kodex
Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hat einen Vorschlag zur Änderung des Deutschen Corporate Governance Kodex bis zum 11.03.2022 zur Konsultation gestellt. Der 2020 neu gefasste Kodex soll künftig – so der Vorschlag der Regierungskommission – auch die Berücksichtigung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit bei der Leitung und Überwachung börsennotierter Unternehmen sowie Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) und das Zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) in die Grundsätze und Empfehlungen aufnehmen.
 
Die Begründung der Regierungskommission bezieht sich auch auf die derzeit in Brüssel diskutierte Änderung der sog. CSR-Richtlinie.
 
Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung
Das BMAS hat einen innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmten Referentenentwurf vorgelegt, mit dem Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (Minijobs) umgesetzt werden sollen, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden. Mit Blick auf die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde soll die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro auf 520 Euro angehoben werden.
 
Die Geringfügigkeitsgrenze soll sich künftig an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren. Mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde soll sie auf 520 Euro monatlich erhöht und dynamisch ausgestaltet werden.
 
Daneben soll die Obergrenze des Übergangsbereichs von 1.300 auf 1.600 Euro angehoben werden. Zusätzlich sieht der Entwurf vor, den Übergangsbereich zu ändern. Für Beschäftigte soll sich eine Entlastung beim Übergang vom Minijob in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ergeben, um Fehlanreize zu verringern. Mit der Neuregelung soll jedoch der Arbeitgeberbeitrag im unteren Übergangsbereich erhöht und gleitend von dann 28 Prozent auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag von in der Regel 19,975 Prozent abgeschmolzen werden.
 
Öffentliches Wirtschaftsrecht
Konsultation zur „Orientierungshilfe Telemedien für Anbieter:innen von Telemedien“
Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörde des Bundes und der Länder (DSK) konsultiert zur „Orientierungshilfe Telemedien für Anbieter:innen von Telemedien“ , welche am 20.12.2021 in einer Neufassung verabschiedet wurde. Insbesondere geht die DSK in der Aktualisierung auf das am 01.12.2021 in Deutschland in Kraft getretene Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) ein.
 
Das TTDSG wurde nah am Wortlaut der europäischen Vorgaben formuliert. Es fordert grundsätzlich eine Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer, wenn Informationen auf deren Endgeräten gespeichert werden oder auf diese zugegriffen wird. Für das Speichern und Auslesen von Informationen auf oder aus Endgeräten finden die Vorschriften des TTDSG Anwendung, auch wenn keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden. Für die Weiterverarbeitung der auf diese Weise erhobenen personenbezogenen Daten gelten weiterhin die Regelungen der DSGVO.
 
Das TTDSG war erforderlich, da Deutschland Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt hatte und die Finalisierung der ePrivacy-Verordnung weiterhin aussteht. Eine künftige ePrivacy-Verordnung würde als höherrangiges Recht mit unmittelbarer Wirkung das TTDSG ablösen.
 
Maßgeblich wird der § 25 TTDSG beleuchtet. Er dient dem Schutz der Privatsphäre und der Vertraulichkeit der Nutzung von Endgeräten. Absatz 1 normiert, dass die Speicherung von Informationen auf dem Endgerät des Nutzers oder der Zugriff auf Informationen, die dort bereits gespeichert sind, nur zulässig sind, wenn der Endnutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen eingewilligt hat. Ausführungen zur grundsätzlichen Einwilligungsbedürftigkeit sowie den Anforderungen der Einwilligung finden sich in der Orientierungshilfe ab Seite 6.
 
Vom Grundsatz der Einwilligungsbedürftigkeit sind in § 25 Abs. 2 TTDSG zwei Ausnahmen vorgesehen: Zum einen, wenn die Speicherung von bzw. der Zugriff auf Informationen auf dem Endgerät dazu dient, die Übertragung einer Nachricht über ein öffentliches Telekommunikationsnetz durchzuführen. Und zum anderen, wenn Speicherung von oder Zugriff auf Informationen auf dem Endgerät unbedingt erforderlich sind, damit der Anbieter eines Telemediendienstes einen vom Nutzer ausdrücklich gewünschten Telemediendienst zur Verfügung stellen kann.
 
Dabei geht die DSK von einer engen Auslegung des Begriffs „unbedingt erforderlich“ aus (S. 22ff).
 
Der Anwendungsbereich für den Schutz von Endeinrichtungen geht laut Orientierungshilfe über den Betrieb von Websites und Apps hinaus und erfasst sämtliche Endgeräte, die mit dem Internet verbunden und auf denen Informationen gespeichert oder auf deren Informationen zugegriffen werden kann. Dazu gehören z. B. Teile vernetzter Fahrzeuge, Industrie- und Haushaltsgeräte sowie Geräte der Unterhaltungselektronik.
 
Das Konsultationsverfahren dient der Überprüfung und ggf. der Fortentwicklung der Orientierungshilfe, berührt aber nicht ihre Geltung und Anwendung in der datenschutzaufsichtlichen Praxis.
 
Eine direkte Teilnahme am Konsultationsverfahren ist bis zum 15.03.2022 möglich.
 
Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht
Recht auf Reparatur: Konsultation der EU-Kommission
Die EU-Kommission hat am 11.01.2022 – im Rahmen der sogenannten Sustainable Product Initiative (SPI) aus dem Green Deal – eine Konsultation zur Förderung von Reparatur und Wiederverwendung und somit der Nachhaltigkeit von Produkten eröffnet. Unternehmen können sich bis zum 05.04.2022 daran beteiligen.
 
Im Mittelpunkt des legislativen Vorhabens sollen laut EU-Kommission etwa Anreize und Instrumente zur Steigerung von Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten stehen.
 
Laut der entsprechenden Kommissionsunterlage erwägt die Kommission etwa, Verpflichtungen oder Anreize für Unternehmen einzuführen, welche verstärkt auf die Reparatur von Gütern mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die Umwelt gerichtet sind. Selbst eine entsprechende Ausweitung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist wird erwogen. Auch eine mögliche Umgestaltung oder Einschränkung der Verbraucherwahl zur Mängelbehebung durch Unternehmen (eventuell unter bestimmten Bedingungen) zu Gunsten der Reparatur ist demnach eine legislative Erwägung der Kommission. Laut Kommissionsdokument ebenfalls als legislative Option denkbar: Hersteller oder Verkäufer zu verpflichten, Waren nach Ablauf der Gewährleistung zu einem angemessenen Preis oder in einigen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen auch kostenlos zu reparieren.
 
Mit dem Vorschlag einer bezüglichen Richtlinie ist aktuell im 3. Quartal 2022 zu rechnen.
 
Die Konsultation der Kommission finden Sie hier.
 
EU-Konsultation zu EU-Instrumentarium zur Bekämpfung von Produktfälschungen
Die EU-Kommission hat eine Konsultation zu einer Initiative „EU-Instrumentarium zur Bekämpfung von Produktfälschungen“ eröffnet. Die Rückmeldung an die Kommission ist bis zum 03.03.2022 möglich.
 
Im Aktionsplan der Kommission für geistiges Eigentum von 2020 wurde die Einrichtung eines EU-Instrumentariums zur Bekämpfung von Nachahmung angekündigt, mit dem die Grundsätze für gemeinsame Maßnahmen, Zusammenarbeit und Datenaustausch zwischen Rechteinhabern, Vermittlern und Strafverfolgungsbehörden festgelegt werden. Hierzu hat die EU-Kommission nun eine Konsultation eröffnet.
 
Um die Bekämpfung von Produktfälschungen zu intensivieren, werden mit dieser Initiative die Aufgaben und Zuständigkeiten der Rechteinhaber, der Mittler (z. B. Online-Plattformen, Zahlungs- und Transportdienste, Domänennamenregister/Registrierstellen) und der Behörden geklärt. Sie wird dazu beitragen, die Zusammenarbeit und den Datenaustausch zu verbessern und den Einsatz neuer Technologien zu fördern.
 
Diese sektorspezifische Initiative lässt den EU-Rechtsrahmen unberührt. Sie wird im Rahmen mehrerer horizontaler Instrumente und Initiativen umgesetzt werden.
 
Die Konsultation läuft bis zum 03.03.2022.
 
Nähere Informationen und die Beteiligungsmöglichkeit finden Sie hier.
 
Vorläufige Anwendung des EU-Einheitspatents beginnt
Die EU-Kommission teilt mit, dass das Einheitspatent in Europa jetzt vorläufig angewandt werden kann, nachdem eine ausreichende Zahl von Mitgliedstaaten die Rechtsinstrumente ratifiziert haben. Mit dem neuen einheitlichen Patentsystem wird eine zentrale Anlaufstelle für die Eintragung von Patenten in Europa sorgen und die Kosten für den Patentschutz senken. Zudem wird die Rechtssicherheit erhöht, indem die zentralisierte Durchsetzung von Patenten in den teilnehmenden Mitgliedstaaten erleichtert wird.
 
Davon werden nach Einschätzung der EU-Kommission alle Unternehmen, insbesondere KMU, profitieren. So werden beispielsweise die Gebühren, die für die Verlängerung eines in bis zu 25 Mitgliedstaaten geltenden Einheitspatents für einen Zeitraum von 10 Jahren anfallen, weniger als 5.000 Euro anstatt wie bisher etwa 29.000 Euro betragen. Durch das Einheitspatent wird auch die Diskrepanz verringert, die bei den Kosten des Patentschutzes zwischen Europa und den USA, Japan und anderen Drittländern besteht.
 
Während des Zeitraums der vorläufigen Anwendung des Übereinkommens über eine einheitliche Patentgerichtsbarkeit wird das einheitliche Patentgericht die notwendigen Maßnahmen abschließen, um den operativen Start des neuen Systems zu gewährleisten.
 
Weitere Informationen: Vorläufige Anwendung des EU-Einheitspatents beginnt (europa.eu).
 
Personalien
Neubesetzung der Spitzen an BAG und BFH
Ingrid Gallner ist seit dem 24.01.2022 neue Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Erste Erfahrungen am BAG sammelte die 1964 im baden-württembergischen Calw geborene Juristin bereits mit 34 Jahren als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Nach Zwischenstationen in der Exekutive, u.a. als Ministerialdirektorin des Justizministeriums in Baden-Württemberg und zwei Jahren am Landesarbeitsgericht, kehrte sie ans BAG zurück. Dort wurde sie Senatsvorsitzende des X. Senats, der sich mit Sondervergütungen und Zuschlägen befasst. Daneben übernahm sie die Leitung der Pressearbeit des Gerichts. Gallner gilt als klug, freundlich und durchsetzungsstark. Als ihre Hauptaufgaben betrachtet sie die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in der Arbeitsgerichtsbarkeit und die Digitalisierung der Justiz. Zudem liegt der bekennenden Europarechtlerin und Herausgeberin eines Kommentars zum europäischen Arbeitsrecht besonders viel daran, den Austausch des BAG mit dem EuGH und dem EGMR auszubauen.
 
Neuer Präsident des Bundesfinanzhofs in München (BFH) ist Dr. Hans-Josef Thesling. Der 1961 in Heinsberg geborene Jurist übernimmt zugleich den Vorsitz des IX. Senats, der für die Besteuerung von Miet- und Pachteinkünften sowie von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften zuständig ist. Thesling war zuvor u.a. Präsident des Finanzgerichts Düsseldorf und 2018 Leiter der Zentralabteilung im Justizministerium NRW.
 
Die Nachbesetzung der bereits seit Juli 2020 frei gewordenen Stelle setzt einen Schlussstrich unter den anderthalb Jahre währenden Streit zwischen der Richterschaft und der damaligen Bundesjustizministerin Lambrecht. Lambrecht war mit der Forderung auf Widerstand gestoßen, die Besetzung leitender Positionen an obersten Bundesgerichten nicht mehr von der mindestens fünfjährigen Vorerfahrung eines Kandidaten an einem Bundesgericht abhängig zu machen. Zwar hatte sich ihre Haltung zuletzt durchgesetzt, mit der Folge, dass die Stelle mit Thesling besetzt werden konnte. Lambrechts Nachfolger, Bundesjustizminister Marco Buschmann, hat nun jedoch angekündigt, künftig wieder an die fünfjährige Vorerfahrung an einem Bundesgericht anzuknüpfen.
 
Rechtsprechung in der Coronakrise
BGH lehnt Anspruch eines Gastronomen aus Betriebsschließungsversicherung ab
Der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH hat mit Urteil vom 26.01.2022 (BGH, Urt. v. 26.01.2022, Az. IV ZR 144/21) entschieden, dass ein Gastronom, der seinen Betrieb infolge staatlicher Schließungsanordnung auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes schließen musste, keinen Anspruch aus seiner Betriebsschließungsversicherung habe, wenn diese eine Betriebsschließung nur aufgrund der im Vertrag aufgelisteten meldepflichtigen Krankheiten umfasse und sich COVID-19 nicht auf dieser Liste befinde. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses COVID-19 noch nicht bekannt war. Der Versicherer habe ein berechtigtes Interesse daran, durch eine abschließende Liste das Risiko kalkulierbar zu halten.
 
Zum Schluss
Schwäbischer Whiskey aus dem verbotenen Tal
Dass der schottische Nationalstolz ungebrochen bleibt, wenn es um Whiskey geht, musste die schwäbische Waldhornbrennerei Klotz aus Berglen erfahren:
 
Neun Jahre lang verteidigten die Schwaben die Bezeichnung ihres Whiskeys „Glen Buchenbach“ gegen eine Klage der Scottish Whiskey Association (SWA), bis sie nun vor dem Hanseatischen OLG Hamburg unterlagen. Mit der Verwendung des Wortes „Glen“, so das OLG, wecke die Brennerei bei Verbrauchern die Assoziation zu schottischem Whiskey und verstoße damit gegen die Spirituosenverordnung der EU.
 
Die Verordnung schützt geographische Herkunftsangaben von Lebensmitteln nicht nur vor gezielter Irreführung durch andere Produkte, sondern auch vor deren bloßer Anspielung auf die geschützten Produkte. Der EuGH – zuvor ebenfalls mit dem Fall befasst – hatte darauf hingewiesen, dass zwar nicht jede irgendwie geartete Assoziation mit der geschützten geographischen Angabe ausreiche, um von einer „Anspielung“ auszugehen. Jedoch genüge es in der Regel, wenn ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger europäischer Durchschnittsverbraucher durch die Kennzeichnung des betreffenden Produkts veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt. Die SWA weist deshalb auf ihrer Website darauf hin, dass Bezeichnungen wie „Loch“ oder „Highland“ ebenso dem Etikett schottischer Whiskeys vorbehalten seien, wie die Abbildung von Dudelsäcken und Schottenröcken.
 
Die Schwaben nahmen das Urteil hin, auch wenn sie kaum Verständnis dafür aufbringen können. Schließlich sei „glen“ die englische Bezeichnung für „Bergtal“ und Täler gebe es auch außerhalb Schottlands. Mit der SWA haben sie eine Vereinbarung getroffen, wonach sie noch bis zum 30.04.2022 ihren Whiskey als „Glen Buchenbach“ verkaufen dürfen. Ab ersten Mai übt sich die Brennerei Klotz dann in humorvoll schottischem Trotz: Sie hat angekündigt den Whiskey künftig als „Buchenbach Gold aus dem verbotenen Tal“ zu vertreiben und ihr Sortiment um einen „Glen Gin“ zu erweitern.
 
Zusätzliche Newsletter
 
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