Ausgabe Nr. 14 / 2019 
Bericht aus Brüssel
25 Jahre Welthandelsregeln – Zukunft ungewiss?
 
 
 
Von Klemens Kober,
 
DIHK-Experte für Handelspolitik
Liebe Leserinnen und Leser,
 
heute wird das Marrakesch-Abkommen – und damit das Fundament des modernen Welthandels – 25 Jahre alt. 1994 haben 124 Staaten in Marrakesch beschlossen, die seit 1947 laufenden Handelsrunden des General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) in die heutige Welthandelsorganisation (WTO) weiterzuentwickeln. Gerade die hoch internationalisierte deutsche Wirtschaft mit ihren zahlreichen familiengeführten Unternehmen profitiert von einem regelbasierten internationalen Handel: Knapp zwei Drittel der außereuropäischen Exporte deutscher Unternehmen beruhen auf WTO-Regeln.
Ein multilateraler Ansatz im Rahmen der WTO hat Märkte geöffnet und Handelsschranken abgebaut. Die WTO bietet grundlegende und weltweit einheitliche Regeln für den Handel, ermöglicht Transparenz und Überwachung für Maßnahmen der Mitglieder und die Streitschlichtung zwischen Mitgliedern.
 
Am 10. Dezember 2019 droht dem Welthandelssystem jedoch eine Zeitenwende: Die US-Administration will nationales Recht wieder gegenüber internationalem Recht stärken. Sie blockiert daher die Neubesetzung von Stellen im Berufungsgremium des WTO-Streitschlichtungsmechanismus – dem „Schiedsrichter“ des Welthandelssystems. Das Berufungsgremium wird jedoch mit dem turnusgemäßen Ausscheiden von weiteren Richtern und ohne Neubesetzungen zum Jahresende 2019 beschlussunfähig. Mit dem Ende der WTO-Streitbeilegung würde die Verbindlichkeit des WTO-Regelsystems in Frage gestellt. Auch deutsche Unternehmen würden der Planungssicherheit beraubt und könnten sich nicht mehr auf die Grundlagen ihrer Handelsbeziehungen verlassen.
 
Europas Engagement für Welthandelsordnung entscheidend
 
Die EU und die Bundesregierung sollten daher mit anderen Partnern – etwa beim G20-Gipfel im Juni in Japan – alles daransetzen, die WTO-Streitbeilegung zu erhalten. Klar ist aber auch, dass die Welthandelsregeln mit den großen wirtschaftlichen Veränderungen seit 1995 nicht Schritt gehalten haben. Neben der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der WTO-Streitschlichtung sollte die Schließung von Lücken im WTO-Regelwerk im Fokus stehen, etwa bei Subventionen oder elektronischem Handel. Zudem ist es wichtig, dass sich die WTO auf eine Agenda für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verständigt, um die Einbindung des Mittelstands in globale Wertschöpfungsketten zu erleichtern. Das Motto muss lauten: „Think Small First“.
Inhalt
EU-27 verschieben Brexit bis spätestens 31.  Oktober
InvestEU-Programm 2021-2027 steht zur Abstimmung
EU-Kommission prüft Umsetzung der Umweltvorschriften
Energieunion: EU-Kommission zieht positive Bilanz
Energiesteuern: EU-Kommission will Mehrheitsentscheidungen
Lounge vor der Wahl zum Europäischen Parlament
Siemens-Manager wird Chef der EU-Agentur für Berufsbildung
Frühjahrssitzung des DIHK-Handelsausschusses in Brüssel
Europäisches Parlament veröffentlicht Webseite zur Europawahl
Die Woche in Brüssel
Zahl der Woche
Brexit
EU-27 verschieben Brexit bis spätestens 31. Oktober
 
Früherer Ausstieg möglich 
 
Die Staats- und Regierungschefs der EU-27 haben sich mit dem Vereinigten Königreich nach einem achtstündigen Brexit-Sondergipfel vom 10. auf den 11. April auf eine weitere Verschiebung des Brexit geeinigt. Im Ergebnis wird das Vereinigte Königreich spätestens am 31. Oktober die EU verlassen. Sollten es die Briten schaffen, sich vorher auf das Austrittsabkommen zu einigen, wird der Austritt zum ersten des folgenden Monats vollzogen. Auch wenn die Unternehmen auf beiden Seiten des Ärmelkanals nun etwas mehr Zeit gewonnen haben, bleibt die Unsicherheit groß.
 
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Haushalt
InvestEU-Programm 2021-2027 steht zur Abstimmung
 
Trilog-Einigung kommt ins Plenum 
 
Am 17. April steht das Wirtschaftsförderungsprogramm InvestEU im Plenum des Europäischen Parlaments (EP) zur Abstimmung. Am 20. März hatten sich Verhandler des Europäischen Parlaments und des Rates der EU auf Programmstrukturen geeinigt. Mit InvestEU sollen 14 bestehende Finanzinstrumente zu einem zusammengeführt werden.
 
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Energie und Umwelt
EU-Kommission prüft Umsetzung der Umweltvorschriften
 
Berichte zu den Mitgliedstaaten 
 
Am 5. April 2019 hat die EU-Kommission ihre Überprüfung der nationalen Umsetzung europäischer Umweltvorschriften veröffentlicht. Diese Überprüfung umfasst einzelne Berichte zu den 28 EU-Mitgliedstaaten. Darin werden auch Ursachen möglicher nationaler Umsetzungsdefizite analysiert.
 
Im Länderbericht für Deutschlandwird die Luftverschmutzung weiterhin als eine der größten umweltpolitischen Herausforderungen bezeichnet. Im Bericht spricht sich die EU-Kommission dafür aus, dass Deutschland "wirksame und rechtzeitige Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung durch NO2 ergreifen“ sollte, etwa durch die weitere Reduzierung von Diesel-PKW-Emissionen in Städten.
 
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Energieunion: EU-Kommission zieht positive Bilanz
 
Klimapolitische Ziele werden erreicht 
 
In ihrem jährlichen Bericht zu den Fortschritten der europäischen Energie- und Klimapolitik zieht die Europäische Kommission eine positive Bilanz. Das Treibhausgasminderungsziel für das Jahr 2020 wird voraussichtlich erreicht. Gleiches gilt für das Ziel zur Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch.
 
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Energiesteuern: EU-Kommission will Mehrheitsentscheidungen
 
Mitgliedstaaten müssen zustimmen 
 
Die Europäische Kommission schlägt in einer Mitteilung vom 9. April vor, EU-Gesetze zu Energiesteuern zukünftig mit qualifizierter Mehrheit zu verabschieden. Sie begründet ihren Vorschlag mit einer Inkohärenz zwischen den klima- und energiepolitischen Zielen der EU und den europarechtlichen Vorgaben im Bereich der Energiesteuern.
Die Brüsseler Behörde vertritt die Auffassung, dass die Energiesteuer-Richtlinie aus dem Jahr 2003 nicht ausreichend zur Minderung der Treibhausgasemissionen beiträgt.
Eine solche Änderung des Entscheidungsprozesses müsste von den Mitgliedstaaten einstimmig gebilligt werden.
 
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Zukunft der EU
Lounge vor der Wahl zum Europäischen Parlament
 
DIHK gibt Unternehmern Gelegenheit zum Dialog mit den in Deutschland antretenden Parteien 
 
Am Abend des 10. April konnten Unternehmens- und Verbandsvertreter sich an einer Podiumsdiskussion über europapolitische Themen mit den Abgeordneten von sechs deutschen Parteien – immerhin drei davon Spitzenkandidaten – beteiligen.
 
 
Dabei ging es um die Themen „Brexit und Handel“, „Mittelstand und Bürokratieabbau“, „Umwelt/ Energie/ Klima“ sowie "Bildung".
 
 
  
Bildung
Siemens-Manager wird Chef der EU-Agentur für Berufsbildung
 
Entwicklung neuer Strategien 
 
Jürgen Siebel ist am 3. April von der EU-Kommission zum neuen Direktor des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP) ernannt worden. Die in Thessaloniki ansässige Agentur der EU beschäftigt sich hauptsächlich damit, bei der Ausarbeitung der europäischen Strategien zur Berufsbildung zu unterstützen und zu ihrer Umsetzung beizutragen. Nach der neuen CEDEFOP-Verordnung von 2018 soll die Agentur künftig auch übergreifende soziale und wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigen und neue Trends auf dem Gebiet der beruflichen Aus- und Weiterbildung aufgreifen.
 
 
  
Kurz notiert
Frühjahrssitzung des DIHK-Handelsausschusses in Brüssel
 
Die Frühjahrssitzung des DIHK-Handelsausschusses fand am 10. und 11. April in Brüssel statt. Mit MdEP Monika Hohlmeier tauschten sich die Ausschussmitglieder im Europäischen Parlament über aktuelle europapolitische Themen aus. Mit den Gesprächen in Brüssel konnten die Unternehmerinnen und Unternehmer aktuelle Herausforderungen des Handels direkt an relevante Ansprechpartner und Entscheidungsträger der EU-Kommission und der Ständigen Vertretung adressieren und sich über aktuelle wirtschafts- und europapolitische Entwicklungen informieren.
 
 
 
Europäisches Parlament veröffentlicht Webseite zur Europawahl
Vor dem Hintergrund der Europawahl Ende Mai 2019 hat das Europäische Parlament vergangene Woche die Webseite https: //europawahlergebnis. eu/ veröffentlicht. Hier können in allen EU-Amtssprachen die Wahlergebnisse vergangener Wahlen aggregiert auf EU-Ebene und sortiert nach verschiedenen Aspekten sowie pro EU-Land abgerufen werden.
 
Zu guter Letzt
Die Woche in Brüssel
Die wichtigsten Sitzungen in den Europäischen Institutionen der kommenden Woche finden Sie in unserer EU-Agenda.
 
Zahl der Woche
55 Prozent 
 
der Unternehmer, die im Rahmen des IHK-Unternehmensbarometers zur Europawahl befragt wurden, erwarten, dass die EU die Fachkräftesicherung durch praxisnahe Berufsbildung unterstützt. Denn die Betriebe brauchen gut ausgebildete Fachkräfte. Im Gastgewerbe sind sogar 82 Prozent der befragten Unternehmen dieser Meinung - im Baugewerbe 76 Prozent. Damit insbesondere junge Menschen beschäftigungsfähiger werden, sind attraktive und praxisnahe duale Berufsbildungsprogramme notwendig. Und zwar sowohl europaweit als auch auf nationaler Ebene.
 
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