Ausgabe Nr. 03 | 2020 
Bericht aus Brüssel
Liebe Leserinnen und Leser,
 
anbei erhalten Sie die aktuelle Ausgabe des Newsletters "InfoRecht". Enthalten sind aktuelle Nachrichten aus dem Wirtschaftsrecht.
 
Viel Spaß beim Lesen,
 
RAin Doris Möller
Inhalt
Aktuell
Corona-Krise
Privates Wirtschaftsrecht
Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) legt Jahresbericht 2019 vor
DIHK-Stellungnahme zum Regelungsvorschlag zum Influencer-Marketing
Öffentliches Wirtschaftsrecht
BVerwG-Urteil: Fahrverbote unverhältnismäßig, wenn Grenzwerte in Kürze eingehalten werden
Finanzanlagenvermittler: Übertragung der Aufsicht auf die BaFin in der Diskussion
Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht
Konsultation zur Überarbeitung der sog.  Corporate Social Responsibility (CSR-)Richtlinie
Studie der EU-Kommission zu Anforderungen unternehmerischer Sorgfalt in Lieferketten
Absage Großbritanniens zur Teilnahme am Einheitlichen EU-Patent
Zusätzliche Newsletter
Aktuell
Corona-Krise
Die Corona-Krise ist eine extreme Herausforderung für die gesamte Wirtschaft. Die Informationslage rund um das Thema Corona ändert sich dynamisch. Wir möchten Sie auf dem Laufenden halten. Unsere Meldungen auch zu den wirtschaftsrechtlichen Aspekten finden Sie unter:
https: //w w w. dihk. de/de/aktuelles-und-presse/coronavirus/meldungen-zur-corona-krise 
 
Privates Wirtschaftsrecht
Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) legt Jahresbericht 2019 vor
Das DPMA hat 2019 deutlich mehr Schutzrechtsverfahren abgeschlossen als im Vorjahr. Im Patentbereich wurden 40 124 (+ 5,3%) Prüfungsverfahren erledigt, 74 986 Markeneintragungsverfahren wurden abgeschlossen (+ 4,9 %). Fast 40 Prozent der ausländischen Markenanmeldungen stammen inzwischen aus China. Bei den Gebrauchsmustern stiegen die Zahlen aus China ebenfalls (+ 16,3 %). Mit 720 Anmeldungen überholte das Land damit die USA (417).
 
DIHK-Stellungnahme zum Regelungsvorschlag zum Influencer-Marketing
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat am 13.02.2020 einen Regelungsvorschlag zum Influencer-Marketing vorgelegt. Eine Ergänzung in § 5a Abs. 6 UWG soll mehr Rechtssicherheit für Influencer schaffen durch Festlegung, wann eine Kennzeichnung als Werbung erforderlich ist. Der DIHK hat dazu fristgerecht die Stellungnahme beim BMJV abgegeben und steht dem Regelungsvorschlag insgesamt kritisch gegenüber: Auf den ersten Blick mag eine solche Regelung, die mehr Rechtssicherheit schaffen soll, unterstützenswert klingen. Schwierig wird aber die praktische Umsetzung und Abgrenzung. Der vorgelegte Formulierungsvorschlag erscheint dafür nicht geeignet. Abgesehen von den europarechtlichen Schwierigkeiten mit Blick auf die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste und die E-Commerce-Richtlinie sollte von einer Gesetzesänderung zum jetzigen Zeitpunkt abgesehen und die Rechtsprechung des BGH auf Basis der aktuellen Rechtslage abgewartet werden. Die Stellungnahme finden Sie hier.
 
Öffentliches Wirtschaftsrecht
BVerwG-Urteil: Fahrverbote unverhältnismäßig, wenn Grenzwerte in Kürze eingehalten werden
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 28.02.2020 entschieden, dass Fahrverbote unverhältnismäßig sein können, wenn die NO2-Grenzwerte in Kürze eingehalten werden. Der Luftreinhalteplan muss deshalb keine Fahrverbote vorsehen. In dem Urteil bestätigte das BVerwG auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz der Bundesregierung im § 47a Bundesimmissionsschutzgesetz.
 
„Wenn -nämlich- nach einer Prognose auf hinreichend sicherer Grundlage der Grenzwert für NO2 in Kürze eingehalten wird, kann ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge unverhältnismäßig sein. […] Aus der jüngst in Kraft getretenen Vorschrift des § 47 Abs. 4a BImSchG ergibt sich nichts anderes.“ Damit hat das BVerwG dem Urteil des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) vom 19.03.2019 in zwei zentralen Punkten widersprochen.
 
Der VGH hatte geurteilt, dass der Luftreinhalteplan Reutlingen aus dem Jahr 2018 „bereits im Folgejahr (daher 2019) seiner Erstellung die Einhaltung des Grenzwerts“ gewährleisten müsse. Auf Fahrverbote dürfe nicht verzichtet werden, wenn die Prognosen des Plans die Grenzwerteinhaltung erst im übernächsten Jahr erwartet werden. Der § 47 Absatz 4a BImSchG aus dem Jahr 2019 war nach Auffassung des VGH zudem unionsrechtswidrig, wenn er bedeute, dass Fahrverbote bei 50 µg/m³ NO2 oder weniger „im Regelfall“ unverhältnismäßig seien. Der Gesetzgeber hatte 2019 vorgegeben: Fahrverbote kommen „in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 µg/m³ NO2 im Jahresmittel überschritten worden ist.“
 
Das BVerwG-Urteil hat damit die von der Bundesregierung vertretene Auffassung bestätigt, dass Fahrverbote nur in wenigen Ausnahmefällen zulässig seien. Nach den jüngsten Zahlen des Umweltbundesamtes sank die Schadstoffbelastung im Jahr 2019 deutlich stärker als prognostiziert. Von den 132 stationären Messungen überschritten nur noch die Stationen an der Landshuter Allee in München (63 µg/m³) und am Neckartor (53 µg/m³) die Grenzwerte. Die Veröffentlichung der Auswertungen von ca. 130 Passivsammlern wird im Mai erwartet.
 
Die Pressemitteilung des BVerwG zum Urteil vom 27.02.2020 (BVerwG 7 C 3.19) finden Sie hier. Das Urteil des VGH Mannheim (10 S 1977/18) 18.03.2019 hier.
 
Finanzanlagenvermittler: Übertragung der Aufsicht auf die BaFin in der Diskussion
Das Bundeskabinett hat am11.03.2020 den Referentenentwurf zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzanlagenvermittler – Aufsichtsübertragungsgesetz-FinAnlVÜG) beschlossen. Danach soll die gewerberechtliche Aufsicht über Finanzanlagenvermittler von den IHKs und Kommunen auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übergehen.
 
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat die Novelle gegen den Widerstand in der Fraktion des Koalitionspartners CDU/CSU am 11.03.2020 ins Kabinett gebracht. Das Kabinett hat den Reformvorschlägen zugestimmt.
 
Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht
Konsultation zur Überarbeitung der sog. Corporate Social Responsibility (CSR-)Richtlinie
Die EU-Kommission hat eine öffentliche Konsultation zur Überprüfung der sog. CSR-Richtlinie 2014/95/EU gestartet. Die Teilnahme ist bis zum 14.05.2020 möglich; dazu ist eine vorherige Registrierung auf der Webseite der EU-Kommission erforderlich.
 
In verschiedenen Mitteilungen, u. a. zum europäischen Green Deal und dem Investitionsplan zum Green Deal hat die EU-Kommission bereits den Überprüfungsbedarf der sog. (CSR-)Richtlinie angekündigt. Die Richtlinie hat bestimmte große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sowie große Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen verpflichtet, jährlich eine sog. nicht finanzielle Erklärung bzw. einen sog. CSR-Bericht zu erstellen. Dieser muss mindestens Angaben zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen sowie zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung enthalten. Die nicht finanzielle Erklärung bzw. der sog. CSR-Bericht ist in § 289b ff. HGB in nationales Recht umgesetzt.
 
Die Online-Konsultation stellt Fragen zur Ausweitung des Anwendungsbereichs und ob zusätzliche Informationen in den Bericht aufgenommen werden sollen. Angesprochen wird, ob ein europäischer Standard, ggf. auch ein spezieller für KMU entwickelt werden soll. Zudem wird nach einer Änderung des Wesentlichkeitsbegriffs und der inhaltlichen Prüfung der nicht finanziellen Erklärung bzw. des CSR-Berichts gefragt. Darüber hinaus sind die elektronische Lesbarkeit und maschinelle Auswertungsmöglichkeit sowie die Veröffentlichung der Erklärungen und Berichte über eine elektronische Plattform Gegenstand der Konsultation. Die Kommission interessiert sich zudem für die Kosten von nicht finanzieller Erklärung bzw. CSR-Bericht und sonstige Belastungen der betroffenen Unternehmen.
 
 
Studie der EU-Kommission zu Anforderungen unternehmerischer Sorgfalt in Lieferketten
Die EU-Kommission hat am 24.02.2020 eine Studie veröffentlicht, die Regelungsoptionen für unternehmerische Sorgfalt in der Lieferkette untersucht. Sie ist Teil des Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen und im Kontext des europäischen Green Deals zu sehen, mit dem Nachhaltigkeit stärker in die Corporate-Governance-Regeln der EU eingebettet werden sollen – auch durch die geplante Überarbeitung der Regeln zur CSR-Berichterstattung.
 
Der Studie liegen eine Reihe von Länderberichten zu bestehenden Regelungen und eine Konsultation vom Frühling 2019 zugrunde, an der sich der DIHK kritisch beteiligt hatte. Dabei wurden verschiedene Optionen in den Blick genommen: 1. Status quo beibehalten, 2. Unverbindliche Leitlinien, 3. erweiterte Berichtspflichten, 4. gesetzliche Pflichten, ggf. mit engem oder weitem Anwendungsbereich bzgl. der Unternehmensgröße, unterschiedlichen Durchsetzungsmechanismen privater oder öffentlicher Natur. Laut der Studie prüft bereits jedes dritte Unternehmen in der EU seine globalen Lieferketten sorgfältig mit Blick auf Menschenrechte und Umweltauswirkungen. Während viele Konsultationsteilnehmer gesetzliche Regelungen befürworten, lehnen die Unternehmensverbände verbindliche Vorgaben ab und verweisen auf bereits existierende Soft Law-Mechanismen (z. B. UN-Leitprinzipien, OECD-Leitsätze). Insbesondere hinsichtlich einer möglichen Haftung der Unternehmen und der Durchsetzung der Sorgfaltsmaßstäbe bestehen sehr unterschiedliche Meinungen. Jedenfalls sollten Unternehmen keine gesetzliche Haftung befürchten sollten, wenn sie nachweisen können, dass sie die erforderliche Sorgfaltsprüfung durchgeführt haben. Auch sollten die UN-Leitprinzipien Grundlage jeder weiteren Maßnahme sein.
 
Unberücksichtigt bleibt bei dem Ansatz, dass erst einzelne europäische Staaten gesetzliche Regelungen getroffen haben, jedoch zumeist nur auf bestimmte Aspekte oder Unternehmen bezogen. Andere wichtige globale Handelspartner wie China und Russland stellen keine solchen Anforderungen, sodass ein globales Level Playing Field so nicht zu erzielen ist. Außerdem ist fraglich, ob durch ein Gesetz tatsächlich Rechtssicherheit geschaffen werden kann. Gerade KMU dürften überfordert sein und sich eher aus dem Auslandsgeschäft zurückziehen. Eine Haftung oder gar eine Strafbarkeit von Managern für Fehlverhalten in der Lieferkette ist überdies unverhältnismäßig, wenn die Unternehmen keinen Einfluss auf die Lage vor Ort haben.
 
EU-Justizkommissar Reynders kündigte bereits an, die Studie bei der künftigen Arbeit zu berücksichtigen. Erwartet wird – ebenso wie für die Ausweitung der CSR-Berichterstattung – ein Richtlinienvorschlag in der zweiten Jahreshälfte. Auch die deutsche Ratspräsidentschaft könnte unter der Führung des BMAS und des BMZ das Thema forcieren. Auch wenn das NAP-Monitoring derzeit noch läuft, wird bereits auf nationaler Ebene ein Sorgfaltspflichtengesetz diskutiert.
 
Absage Großbritanniens zur Teilnahme am Einheitlichen EU-Patent
Die britische Regierung hat erklärt, sich nicht mehr am EU-Einheitspatent beteiligen zu wollen. Großbritannien will sich keiner europäischen Gerichtsbarkeit unterwerfen. Dies würde der mit dem Brexit verfolgten Absicht widersprechen, wieder unabhängig auch bzgl. der eigenen Gerichtsbarkeit und Rechtssetzung zu sein. Wie es nun weitergeht und wie attraktiv das EU-Einheitspatent noch sein wird, bleibt. abzuwarten.
 
 
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