Ausgabe Nr. 9 / 2020 
Titelbild Steuern Finanzen Mittelstand
Liebe Leserinnen und Leser,
 
bei einem historischen Wirtschaftseinbruch sinken naturgemäß auch die Steuereinnahmen. Noch immer können viele Unternehmen nur eingeschränkt wirtschaftlich tätig sein: Teile der Belegschaft sind in Kurzarbeit. Viele Betriebe investieren nicht in neue Maschinen und bauen kaum neue Fabrikhallen oder Bürogebäude. Sie nutzen weniger Energie und sie machen Verluste statt Gewinne. In der Folge sind deshalb auch nahezu alle Steuerarten von der Rezession negativ betroffen. Die zaghafte wirtschaftliche Belebung seit Sommer zeigt sich auch bei den Steuereinnahmen – trotz der steuerlichen Entlastungen durch die Absenkung der Mehrwertsteuer und den einmaligen Kinderbonus bleibt es bei einem immer noch historisch einmaligen Rückgang der Steuereinnahmen von 10 Prozent in diesem Jahr.
 
Die Steuereinnahmen werden nur dann wieder spürbar ansteigen, wenn auch die wirtschaftliche Erholung an Fahrt gewinnt. Ein entscheidender Hebel für eine solche Erholung ist die nachhaltige Stärkung der betrieblichen Liquidität. Mit überschuldeten Unternehmen gelingt kein kräftiger Restart. Deshalb sollten die Unternehmen ihre Verluste zeitlich gestreckter und in größerem Umfang geltend machen können. Steuererhöhungen hingegen leisten keinen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung – im Gegenteil würden sie Liquidität und Investitionsfähigkeit weiter schwächen.
 
Mit den Überbrückungshilfen leistet der Staat Hilfestellung besonders für die Unternehmen, die noch immer herbe Umsatzeinbrüche zu verkraften haben. Gut, dass der Koalitionsausschuss die Verlängerung dieses Instruments bis Jahresende beschlossen hat. Denn viele Unternehmen werden weiter mit Corona-bedingten Einschränkungen zu kämpfen haben.
 
Die EU stellt ihren Mitgliedern in den kommenden sechs Jahren in großem Umfang (750 Mrd. Euro) Geldmittel zur Verfügung, um den Wiederaufbau zu finanzieren und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu modernisieren. Auch für Deutschland sind dabei gut 20 Mrd. Euro bis Ende 2026 vorgesehen. Da die Auszahlungsbeträge für 2023 auf Basis des BIP-Rückgangs in der Corona-Krise berechnet werden, die noch nicht berechnet sind, steht die genaue Zahl in den Sternen.
 
Leider wurde ein Instrument, welches speziell für die Eigenkapitalunterstützung von durch die Corona-Krise in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen („Solvency“) gedacht war, auf den letzten Verhandlungsmetern gestrichen. Und auch ein weiteres, „fünftes Fenster“ beim Investitionsförderprogramm InvestEU haben die Staats- und Regierungschefs nicht verabschiedet. Daher wird der deutsche Anteil am Wiederaufbau-Paket wohl vor allem für den Kohleausstieg und für Bildungsinvestitionen ausgegeben. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft ist aber mindestens genauso wichtig, dass die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Pandemie auch in den anderen europäischen Staaten einsetzt. Schließlich hat die deutsche Wirtschaft im vorvergangenen Jahr 60 Prozent des Erwirtschafteten in die EU exportiert.
 
Die Erfahrungen mit den wirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise zeigen deutlich, dass es im Kern auf das Wachstum der Wirtschaft ankommt. Dann profitiert nämlich auch der Staat. So sind die Steuereinnahmen zwischen 2009 und 2019 um 52 Prozent gestiegen und sogar deutlich stärker als das Bruttoinlandsprodukt. Es zahlt sich für Wirtschaft und Staat aus, die Wachstumskräfte zu stärken. Dazu gehört neben zahlreichen Maßnahmen aus den Konjunkturpaketen eben auch der Verzicht auf Steuererhöhungen.
 
 
Wir wünschen eine angenehme Lektüre.
 
Das WFM-Team aus dem DIHK
Inhalt
Aktuelle Steuerpolitik und Steuerrecht
Jahressteuergesetz 2020: Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf
BMF Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Konzessionsabgabe unter § 2b UStG
Umsatzsteuer-Vereinfachung auch bei bestimmten Sachverhalten des „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG)
BFH: Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen Betriebsstätte
USt bei Reihengeschäften: BFH bestätigt seine Rechtsprechung
Kassen: BSI veröffentlicht neues Schutzprofil für tSE (SMAERS-Komponente)
Kassen: Zertifizierung von Cloud-tSEs nicht vor 1. Oktober 2020
Kassen: ertragsteuerliche Behandlung der tSE-Kosten
Steuerliche Behandlungen von Outplacement-Beratungen als Weiterbildung
BFH urteilt zum jungen Verwaltungsvermögen in der Erbschaftsteuer
Aktuelle Haushaltspolitik
Aktuelle Steuerschätzung – Einnahmen gehen 2020 um 10 Prozent zurück
Internationale und Europäische Steuerpolitik
Digitalsteuer: hohe Steuernachzahlungen für Facebook in Frankreich – sowie Sachstand zum OECD-Projekt „Besteuerung der digitalen Wirtschaft“
Code of Conduct Group Unternehmensbesteuerung: Bemühen um mehr Transparenz
Aktuelle Steuerpolitik und Steuerrecht
Jahressteuergesetz 2020: Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf
Die Bundesregierung hat auf der Kabinettssitzung vom 2. September 2020 den Gesetzentwurf eines „Jahressteuergesetzes 2020“ beschlossen. In diesem Zusammenhang wurde die vom DIHK besonders beanstandete Vereinheitlichung der Archivierung steuerrelevanter Unternehmensdaten (§ 147b AO-Entwurf) gestrichen.
 
 
   
BMF Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Konzessionsabgabe unter § 2b UStG
Mit BMF-Schreiben vom 5. August 2020 hat die Finanzverwaltung zur Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand und hier zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Konzessionsabgabe unter § 2b UStG Stellung genommen.
 
 
   
Umsatzsteuer-Vereinfachung auch bei bestimmten Sachverhalten des „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG)
Bezüglich der vorübergehenden MwSt-Senkung finden Vereinfachungsregeln für die Ver- und Entsorgungswirtschaft auf weitere Sachverhalte Anwendung – allerdings nicht unbegrenzt.
 
 
   
BFH: Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen Betriebsstätte
Mit seinem Urteil vom 29. April 2020 (Aktenzeichen: XI R 3/18), welches sich auf die Streitjahre 2008 - 2010 bezieht, führt der BFH seine Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Betriebsstätte fort.
 
 
   
USt bei Reihengeschäften: BFH bestätigt seine Rechtsprechung
Der BFH äußert sich erneut zu der bei grenzüberschreitenden Reihengeschäften wichtigen Frage der Bestimmung der bewegten Lieferung. Dabei setzt er seine bisherige Rechtsprechung fort und widerspricht erneut der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung.
 
 
   
Kassen: BSI veröffentlicht neues Schutzprofil für tSE (SMAERS-Komponente)
Elektronische Registrierkassen(systeme) müssen grundsätzlich ab dem 1. Januar 2020 mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung ausgestattet sein. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat nunmehr eine überarbeitete Version des Schutzprofils veröffentlicht, welche ab sofort für die Hersteller von tSEs zu beachten ist.
 
 
   
Kassen: Zertifizierung von Cloud-tSEs nicht vor 1. Oktober 2020
Elektronische Registrierkassen(systeme) müssen grundsätzlich ab dem 1. Januar 2020 mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung ausgestattet sein. Zwar sind entsprechende Hardware-Module bereits am Markt erhältlich, jedoch wird die Zertifizierung von Cloud-Lösungen nach Auskunft der Bundesregierung nicht vor dem 1. Oktober 2020 abgeschlossen sein.
 
 
   
Kassen: ertragsteuerliche Behandlung der tSE-Kosten
Elektronische Registrierkassen(systeme) müssen grundsätzlich ab dem 1. Januar 2020 mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet sein. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich nunmehr zur ertragsteuerlichen Behandlung der Implementierungskosten geäußert.
 
 
   
Steuerliche Behandlungen von Outplacement-Beratungen als Weiterbildung
Mit Kurzinformation vom 4. August 2020 informiert die OFD NRW über die auf Ebene der Lohnsteuer-Referatsleiter stattgefundenen Beratungen zur steuerlichen Behandlung von Weiterbildungsleistungen nach § 3 Nr. 19 EstG, insbesondere im Fall der Outplacement-Beratung bei Auflösung des Arbeitsvertrages.
 
 
   
BFH urteilt zum jungen Verwaltungsvermögen in der Erbschaftsteuer
Mit Urteilen vom 22. Januar 2020 in vier Fällen (Aktenzeichen II R 8/18, II R 13/18, II R 18/18, II R 41/18) hat der BFH die bisher umstrittene Auslegung jungen Verwaltungsvermögens bei Erbschaften und Schenkungen in den Jahren 2007 und 2010 bis 2012 im Sinne der Finanzverwaltung bestätigt. Nach den Urteilen liegt junges Verwaltungsvermögen auch im Fall eines Aktivtausches vor, wozu auch eine Verschmelzung gehören soll. In der Folge ist die Begünstigung in der Erbschaft- und Schenkungsteuer für Betriebsvermögen entsprechend zu kürzen. Alle veröffentlichten Entscheidungen sind zur geltenden Rechtslage bis zum 30. Juni 2016 ergangen. Die Urteile haben aber auch für die Neuregelungen des jungen Verwaltungsvermögens in § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG n. F. Bedeutung.
 
 
   
Aktuelle Haushaltspolitik
Aktuelle Steuerschätzung – Einnahmen gehen 2020 um 10 Prozent zurück
Die Steuereinnahmen gehen im Vergleich zu 2019 um 10,2 Prozent zurück. Der leichten Erholung der Wirtschaft seit Sommer stehen zusätzliche Steuermindereinnahmen durch die im Sommer nach der Mai-Schätzung beschlossenen, auf 2020 befristeten Maßnahmen Mehrwertsteuersenkung und Kinderbonus (zusammen rd. 25 Mrd. Euro) gegenüber.
 
Das gilt nur für die gesamtstaatlichen Steuereinnahmen. Da der Bund den weitaus größeren Teil der Lasten durch die Beschlüsse der Konjunkturpakete übernommen hat, gehen hier die Steuereinnahmen noch einmal deutlich zurück (-16,3 Prozent statt -13,5 Prozent im Mai). Die Länder hingegen können mit weniger Mindereinnahmen (-5,5 Prozent statt -8,4 Prozent im Mai) rechnen. Und auch bei den Gemeinden fällt der Rückgang geringer aus als im Mai geschätzt: -9,8 Prozent statt -11,1 Prozent.
 
Im Jahr 2022 wird das Steueraufkommen nach dieser Prognose wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht haben.
 
Der Steuerschätzung wurden die gesamtwirtschaftlichen Eckwerte der Interimsprojektion 2020 der Bundesregierung zugrunde gelegt. Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um -5,8 Prozent und im kommenden Jahr 2021 einen Anstieg von +4,4 Prozent.
 
Diese Steuerschätzung ist nun die Basis für die Aufstellung des Bundeshaushalts 2021, der voraussichtlich Ende September ins parlamentarische Verfahren geht.
 
Internationale und Europäische Steuerpolitik
Digitalsteuer: hohe Steuernachzahlungen für Facebook in Frankreich – sowie Sachstand zum OECD-Projekt „Besteuerung der digitalen Wirtschaft“
Der US-Internetkonzern Facebook und das französische Finanzministerium haben sich auf eine Steuernachzahlung i.H.v. 106 Mio. Euro für die Steuerjahre 2009 – 2018 verständigt. Damit sollen insbesondere Umsätze mit französischen Großkunden nunmehr der Besteuerung in Frankreich unterworfen werden.
 
 
   
Code of Conduct Group Unternehmensbesteuerung: Bemühen um mehr Transparenz
Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Urteil des Europäischen Gerichts zum Beihilfenfall „Apple in Irland“ werden auch in der EU-Kommission wieder Möglichkeiten zur Begrenzung des „schädlichen“ Steuerwettbewerbs diskutiert.
 
 
   
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