gwp Monthly - Januar 2020

Internationaler
Informationsaustausch in Steuersachen:

Rück- und ausblick
 

Hintergrund

Der geleistete Initialaufwand der Finanzintermediäre im Rahmen von FATCA und der Einführung des automatischen Informationsaustauschs war sehr gross. Inzwischen ist auch klar, dass es nicht bei diesem einmaligen Aufwand bleiben wird, denn wiederkehrende Sorgfaltspflichten, «Certifications» und Revisionen sind vorprogrammiert. Auch wenn diese Themen nicht mehr an erster Stelle auf der Agenda stehen, sollte man ihnen weiterhin stetig Aufmerksamkeit schenken. Drei Ereignisse aus dem Jahr 2019, welche uns auch in den kommenden Jahren beschäftigen werden, möchten wir in diesem Newsletter beleuchten:

 

  1. Inkrafttreten des Änderungsprotokolls zum Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) CH-USA und die Auswirkungen auf FATCA-Gruppenersuchen
  2. Sicherstellung der standardkonformen Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs (AIA)
  3. Vernehmlassung zur Änderung des Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG) und der Verordnung (AIAV)

1. Doppelbesteuerungsabkommen CH-USA: Mit FATCA-Gruppenersuchen ist zu rechnen

 

Die Schweiz und die USA hatten bereits 2009 das Protokoll zwecks Revision des Doppelbesteuerungsabkommens von 1996 unterzeichnet. Seitens der Schweiz wurde dies schon früher genehmigt, der US-Senat liess sich damit jedoch bis Juli 2019 Zeit. Mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden zum Änderungsprotokoll traten sodann zehn Jahre später, am 20. September 2019, gewisse Neuerungen in Kraft.

 

Gemäss dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) sei das Kernelement dieser Revision der Informationsaustausch. Im Rahmen des FATCA-Abkommens sind nun Gruppenersuchen für Sachverhalte ab dem 30. Juni 2014 zulässig - neu auch für Fälle der Steuerhinterziehung, denn der Unterschied zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung wurde aufgehoben. Dies bedeutet, dass alle Finanzintermediäre, welche aggregierte Informationen an den IRS gemeldet haben, mit einem FATCA-Gruppenersuchen rechnen müssen. Konkret würde der Internal Revenue Service (IRS) sein Ersuchen an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) richten, welche dieses an die Banken weiterleitet und ihnen zehn Tage Zeit gibt, die erforderlichen Informationen zu liefern. Die Anforderungen hinsichtlich der Informationslieferung an die ESTV sind in einem entsprechenden User-Guide beschrieben. Zudem stellt die ESTV auf ihrer Website ein Orientierungsschreiben bezüglich Gruppenersuchen zur Verfügung und auf Anfrage kann eine Zusammenstellung von FAQ bezogen werden.

 

2. Sicherstellung der standardkonformen Umsetzung des AIA

 

Der Datenaustausch, welcher 2019 im Rahmen des AIA stattfand, war der erste, bei dem auch Länder betroffen waren, die zuweilen bezüglich der Einhaltung grundlegender Kriterien wie der Datensicherheit oder der adäquaten Verwendung der Daten («Spezialitätsprinzip») in der Kritik stehen oder zumindest mit erhöhter Wachsamkeit behandelt werden. Bereits 2017 hatte das Parlament den Bundesrat beauftragt zu prüfen, ob die betroffenen Partnerstaaten die Vorgaben des globalen Standards auch tatsächlich einhielten. Diese Prüfung fand statt und in seinem Bericht vom 29. Mai 2019 bekräftigte der Bundesrat, dass keine belegten Feststellungen vorlägen, wonach die Partner die Voraussetzungen des Standards nicht erfüllen würden. Künftige Prüfungen sollen periodisch und risikobasiert erfolgen. Dies bedeutet einerseits ein kontinuierliches Monitoring, um bei relevanten Ereignissen in den Staaten rechtzeitig agieren zu können, und andererseits, dass «Risikostaaten» weiterhin umfassend geprüft werden.

 

Grundlagen bilden u.a. die Länderinformationen, welche das Global Forum im Rahmen der Länderprüfungen sammelt. Des Weiteren spielen auch die Auslandsvertretungen der Schweiz eine wichtige Rolle im Abschätzen der lokalen Verhältnisse. Eine umfassende Übersicht über die Länder, mit denen die Schweiz effektiv und reziprok Daten austauscht, ist auf der Website des SIF publiziert. Zum Dauerbrenner USA und FATCA ist zu sagen, dass mit einzelnen Ländern das FATCA-Abkommen reziprok ausgestaltet ist, die Schweiz aber nach wie vor nur einseitig Daten liefert.

3. Vernehmlassung zur Änderung des AIAG und der AIAV

‘Last but not least’ ist die geplante Änderung von AIAG und AIAV zu nennen. Wie erwähnt überprüft das Global Forum die innerstaatliche Umsetzung des AIA mittels Länderprüfungen. Diese erfolgen grundsätzlich ab 2020, gewisse Vorprüfungen fanden jedoch schon statt. Auch die Schweizer AIA-Rechtsgrundlagen wurden geprüft und Empfehlungen verabschiedet, denen die Vernehmlassungsvorlage vom 27. Februar 2019 Rechnung trägt. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 12. Juni 2019, die Vorlage soll voraussichtlich im Frühling 2020 in die parlamentarische Beratung kommen, wonach die Änderungen an AIAG und AIAV per 1. Januar 2021 in Kraft treten könnten.

Geplant sind gewisse Anpassungen an den geltenden Prüf-, Melde- und Registrierungspflichten, das Festhalten einer Dokumentationsaufbewahrungspflicht sowie Anpassungen bei gewissen Begriffsbestimmungen. Zudem sollen die Schwellenwerte nur noch in US-Dollar berechnet werden. Des Weiteren steht u.a. die Aufhebung einiger Ausnahmebestimmungen zur Debatte. Dieser letzte Punkt ist denn auch jener, welcher vielen Vernehmlassungsteilnehmern sauer aufstösst, da in den Schweizer Rahmenbedingungen entsprechende, nicht zur Steuerhinterziehung geeignete Kategorien aufgehoben werden sollen. So sollen nicht nur die Ausnahmen für Vereine und Stiftungen, sondern auch jene für gewisse ausgenommene Konten (z.B. Kapitaleinzahlungskonten) geändert werden.

Auf die Details der Vorlage soll hier nicht weiter eingegangen werden, zumal diese noch nicht definitiv sind und auch mit entsprechenden Umsetzungsfristen gerechnet werden darf. Für die betroffenen Akteure (z.B. Stiftungen und Vereine) und die meldenden Finanzinstitute wird der Umsetzungsaufwand - wenn auch spürbar - sodann aushaltbar sein.

Fazit

Ein Rück- und Ausblick zum Jahresauftakt schafft Orientierung. In Sachen FATCA und AIA ist die Aufmerksamkeit nicht mehr ganz so hoch wie zuvor, dennoch zeigen die obigen Fokusthemen, dass die betroffenen Finanzintermediäre gut beraten sind, die Entwicklungen weiterhin zu beobachten.

Zusammenfassend gilt:

  1. Wer in aggregierter Form US-Konten gemeldet hat, sollte sich rechtzeitig mit den operationellen Konsequenzen eines Gruppenersuchen auseinandersetzen.
  2. Je nach Ausgang der AIAG /AIAV-Revision entsteht mehr oder weniger Aufwand. Es ist aber davon auszugehen, dass das Global Forum einen eher formalistischen Ansatz wählen und die Schweiz das Notwendige tun wird, um die «schwarze Liste» zu meiden, sprich den Empfehlungen nachzukommen.
  3. Mit welchen Staaten die Schweiz Daten austauscht, wird mit Sicherheit weiterhin eine Prise politischen Sprengstoff enthalten. Zentral ist, dass diese Frage weiterhin mit Bedacht behandelt resp. beantwortet wird und nicht Gefahr läuft, zum Selbstläufer zu werden.

 

06.01.2020




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