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WissenAmFreitag #59 – 27/01/2023
 
Hallo zusammen,
Und täglich grüßt das Murmeltier...mich in der Bibliothek, denn ich schreibe momentan meine Masterarbeit. Die „Einarbeitungs-Phase“, in der der eigene Kopf über zehn verschiedenen Büchern raucht, ist besonders anstrengend. Aber wem erzähle ich das – ich wette, diese Phase haben viele von Ihnen schon hinter sich (Beneidenswert!). Für diejenigen unter Ihnen, die vor lauter Rauch auch keine Buchstaben mehr sehen können, habe ich aber eine Lösung gefunden: ChatGPT (Generative Pre-trained Transformer)!
Was ist ChatGPT?
Das habe ich ChatGPT einfach persönlich gefragt, die Antwort der KI:
„ChatGPT ist ein Sprachgenerierungsmodell […]. Es nutzt künstliche neuronale Netze und eine Technologie namens "Transformer-Modell", um auf Eingabe-Texte zu reagieren und darauf basierend mögliche Antworten zu generieren“.
Das war gar nicht so schlecht, ChatGPT! Das Modell, welches von dem US-amerikanischen Unternehmen OpenAI am 30. November 2022 veröffentlich wurde, verzeichnete bereits binnen 5 Tagen eine Million angemeldete Nutzer*innen. Im Vergleich: Das soziale Netzwerk Instagram erreichte diese Nutzer*innen-Zahl erst nach zweieinhalb Monaten (Die Zeit). Die Künstliche Intelligenz wurde mit zwei Arten des sogenannten „bestärkenden Lernens“ trainiert, bekannt als RLHF (Reinforcement Learning from Human Feedback) und PPO (Proximal Policy Optimization). Die Trainingsdaten stammen aus diversen Quellen, darunter z.B. soziale Netzwerke, Bücher, Zeitungsartikel und gesprochene Sprache. Die Anwendungsmöglichkeiten des Modells scheinen schier unbegrenzt zu sein: Es kann Texte produzieren, zusammenfassen und vereinfachen. So schreibt es auf Wunsch E-Mails, Nachrichtenartikel, Pressemitteilungen und sogar ganze Romane. ChatGPT ist natürlich nicht frei von Kritik: So können Informationen fehlerhaft oder verzerrt und Quellennachweise erfunden sein, das Training der KI erfolgt unter ethisch zu hinterfragenden Bedingungen und es ergeben sich urheberrechtliche Probleme (eine genaue Aufschlüsselung dieser Kritikpunkte geht an dieser Stelle zu weit, lässt sich aber problemlos recherchieren).
ChatGPT an Bildungseinrichtungen und Universitäten
Sicher ist: ChatGPT wird die Art und Weise, wie Texte konsumiert, produziert und reflektiert werden, verändern. Das betrifft auch Abschluss- und Forschungsarbeiten oder Abstracts. An Universitäten haben schriftliche Ausarbeitungen sowohl in der Lehre als auch in der Forschung einen hohen Stellenwert: Sie dienen als Nachweis akademischen Erfolgs und ermöglichen die Verbreitung von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Natürlich ist die Nutzung von KI da verlockend: Sie bietet die Möglichkeit Zeit zu sparen, indem sie den manchmal lästigen Teil des Studierens übernimmt: Fertig ist die Seminararbeit – und das ganz ohne Eigenleistung! Die eigentlich spannende Frage ist aber nicht „Wie kann die Nutzung der KI unterbunden werden?“, sondern „Wie kann ihre Nutzung sinnvoll und reflektiert gestaltet werden?“. Denn sie kann routinierte Arbeitsschritte, die keinen kreativen Input erfordern, massiv erleichtern. Das hat ChatGPT mir auf die Anfrage, meine Masterarbeit zu schreiben, auch bestätigt:
„ChatGPT kann Ihnen dabei helfen, mögliche Antworten und Texte auf Fragen zu generieren, die Sie in Bezug auf Ihre Masterarbeit haben könnten, und Ihre Gedanken und Ideen zu strukturieren und zu formulieren. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass es kein Ersatz für die eigene Recherche und Analyse ist und dass die Arbeiten auf Plagiat geprüft werden müssen“.
ChatGPT ist also kein Ersatz für die eigenständige Recherche und Analyse! Und warum nicht? Weil das Modell die ganz individuelle Perspektive der Autor*in weder einnehmen, noch widerspiegeln kann. Das wirft eine entscheidende Frage auf, mit der sich Studierende und Forschende auseinandersetzen müssen: Wofür werden Texte an einer Universität produziert? Ein Mehrwert für die Wissenschaft, für die Gesellschaft oder – ganz klein gedacht – für sich selbst wird vor allem dann geschaffen, wenn diese eigene Perspektive aufgebaut, gepflegt, geschärft und vertreten wird. Eine KI kann unterstützend mitwirken, indem sie Arbeitsschritte, die nur Zeit und (gedankliche) Ressourcen kosten, vereinfacht und so mehr Raum zur kreativen Entfaltung bietet – vielleicht hilft das zumindest gegen rauchende Köpfe!
Also keine Sorge, ich sitze morgen wieder gewissenhaft an meinem sonnigen Platz in der Sowi-Bibliothek! Meine neue Taktik gegen das Buchstaben-Wirrwarr im Kopf: Spazieren gehen – ein altbewährter Trick!
Ich wünsche gutes Gelingen beim nächsten Schriftstück!
Lea Lübbert, Social-Media-Redakteurin im Kommunikationsteam der Uni Innsbruck
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